Gottfried Müller, Komponist
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Vita

​Joachim Gottfried Müller

geboren am 8. Juni 1914 in Dresden

gestorben am 3. Mai 1993 in Nürnberg

Kreuzgymnasium Dresden

Universität Edinburgh

Hochschule für Musik Leipzig

Dozent für Tonsatz an der Hochschule für Musik in Leipzig

Kirchenmusikalisches Amt in Westberlin

Dozent für Musiktheorie an der Fachakademie Nürnberg

Stipendiat der Abraham-Lincoln-Stiftung

Kunstpreis der Stadt Dresden

Joachim Gottfried Müller

Born 8th June 1914 in Dresden

Died 3rd May 1993 in Nuremberg

Grammar School education at the Kreuzgymnasium in Dresden

University of Edinburgh

College of Music in Leipzig

Lecturer in Music Theory at the College of Music in Leipzig

Office responsible for Church Music 
(Kirchenmusikalisches Amt) in West Berlin

Lecturer in Music Theory at the Nuremberg Academy of Music

Scholarship from the Abraham Lincoln Foundation

Arts Awards in Dresden


Gottfried Müller wurde am 8. Juni 1914 in Dresden geboren. 

Er entstammte einer alten sächsisch-fränkisch-nassauischen Pastorenfamilie. Bereits um 1929
wurde der Dirigent Fritz Busch auf den jungen Müller, Schüler des traditionsreichen Dresdner
Kreuzgymnasiums, aufmerksam und zu dessen Förderer und Mentor. Durch Busch wurde er Stipendiat der Abraham-Lincoln-Stiftung und durfte so zweimal nach England reisen, um dort an
​der Universität Edinburgh bei Sir Donald Francis Tovey zu studieren.

„Insbesondere hat mir der von Müller komponierte 90. Psalm für sechsstimmigen Chor und großes Orchester einen ganz starken Eindruck gemacht, sodass ich gerne eine Aufführung des Werkes in der kommenden Spielzeit in Erwägung ziehen werde. Orchester und Chor würden im Interesse des genialen jungen Menschen und bei der Bedeutung der Aufgabe kostenlos zur Verfügung stehen.“ 
​
(Gutachten von Fritz Busch an das Deutsche Studentenwerk vom 30.4.1931, Seite 1.)

Am 21. Februar 1932 führte Fritz Busch dann den 90. Psalm des 17-jährigen mit 500 Mitwirkenden in der Dresdner Staatsoper auf und noch im gleichen Jahr gelangten Müllers Variationen und Fuge über das Volkslied „Morgenrot“ op. 2 beim Internationalen Musikfest in Venedig mit der Dresdner Philhar-monie - wieder unter Busch - zur Uraufführung.

Müller wurde jetzt von den großen Dirigenten der damaligen Zeit nachhaltig gefördert, neben Fritz Busch waren es vor allem Wilhelm Furtwängler, Eugen und Ludwig Jochum, Karl Böhm, Karl Straube, Hermann Abendroth oder Oswald Kabasta.

Mit Wirkung vom 1. Mai 1933 wurde er – keineswegs ohne Vorbehalte, wie aus den nachfolgenden Zitaten ersichtlich wird – Mitglied in der NSDAP.

„Ich bin immer der Überzeugung gewesen, dass sich das Schicksal des Nationalsozialismus an seiner Stellung zu Christus entscheiden wird. Dass ich als junger Deutscher mich für das begeisterte, was wir
für gut und Vertrauen erweckend hielten, steht auf einem anderen Blatt.“ 
​
(Gottfried Müller: Brief an Wolfgang Burbach vom 18.6.1970, Seite 1.)

„Ich bin den Weg des Nationalsozialismus innerlich nur bis an die Schwelle mitgegangen, an der es offenbar wurde, dass er das Christentum kompromißlos bekämpfte. Für mich beginnt der Verrat an
allem, was uns den Begriff Deutschland lieb und teuer macht, genau an dieser Stelle.“ 

(Gottfried Müller: Brief an Dr. Böhme vom 1.10.1970, Seite 1.)

1933 entstanden seine „8 Orgelchoräle“ op. 3 und 1934 wurde sein „Deutsches Heldenrequiem“ op. 4 auf einen Text von Klaus Niedner beim Tonkünstlerfest in Wiesbaden durch Karl Elmendorff uraufge-führt. Die Widmungsformulierung „in die Hände des Führers“ hatte der Textdichter vorgeschlagen. 
Im „Deutschen Heldenrequiem“ setzte sich Müller in seiner lutherisch-christlichen Weise mit dem Tod junger Menschen im 1. Weltkrieg auseinander. Durch die Hereinnahme des cantus firmus „Christ lag in Todesbanden“ prägte er diesem Requiem zudem den Namen Christus auf, was der allmählich aufkom-menden Musikideologie der Nationalsozialisten nicht nur widersprach, sondern letztlich sogar eine Schallplattenaufnahme verhinderte.

„Es war ein Werk, das nur das Gedächtnis der Gefallenen des 1. Weltkrieges zu ehren trachtete. Der Dichter setzte damit seinem gefallenen Vater ein Denkmal.“  
​
(Gottfried Müller: Brief an Fred Prieberg vom 28.6.1984, Seite 2.)

Die Variationen über „Innsbruck, ich muß dich lassen“ wurden 1937 zeitgleich in Jena (Rudolf Volk-mann) und Mannheim (Karl Elmendorff) uraufgeführt – in diesem Jahr erhielt er auch den Kunstpreis der Stadt Dresden. 1939 folgte dann die Uraufführung von Müllers „Konzert für großes Orchester“ op. 5 durch Elmendorff in Mannheim. 

Die Präsenz des jungen Müllers im damaligen Konzertleben lässt sich an einer undatierten Mittei-
lung des Verlages Breitkopf & Härtel ablesen. Danach wurden die Variationen und Fuge über das Volkslied „Morgenrot“ 90 mal, das „Heldenrequiem“ 28 mal, das Orchesterkonzert 19 mal und die Variationen über „Innsbruck, ich muß dich lassen“ 16 mal aufgeführt.

1942 wurde er von Johann Nepomuk David als Dozent für Tonsatz an die Hochschule für Musik nach Leipzig berufen. Diese Stellung sollte er bis 1945 innehaben.

Mit der Uraufführung des fünfsätzigen sinfonischen Chorwerkes „Führerworte“ op. 7 auf Texte
Adolf Hitlers unter Elmendorffs Leitung 1944 in Dresden (und in Abwesenheit des Komponisten)
​fällt ein Schatten auf Gottfried Müllers Biografie.
​
„Den Titel »Führerworte« hatte mir ausgerechnet Minnegard Elmendorff empfohlen.“ 
(Gottfried Müller: Brief an Fred Prieberg vom 28.6.1984, Seite 2.) 

​Bereits 1936 hatte der damals 22-jährige Müller mit der Arbeit an diesem Werk begonnen. 

Der Text der „Führerworte“:

Weh dem, der nicht glaubt!
dieser versündigt sich am Sinn des ganzen Lebens

Ich kann mich nicht entfernen
von der Liebe zu meinem Volk

Wer leben will, der kämpfe also!
Und wer nicht streiten will
in dieser Welt des ewigen Ringens,
verdient das Leben nicht

Totenandacht

Herr, wir lassen nicht von Dir!
Nun segne unsern Kampf um unsre Freiheit
Amen!
Zur Komposition schreibt er später:
„Das Schlüsselwort war das letzte Wort ,Herr, wir lassen nicht von Dir’. Hätte ich dem Werk diesen Titel gegeben und nicht auf Frau Elmendorff gehört, jedermann hätte sein Anliegen verstanden und es mir nicht seit 40 Jahren als Strick um den Hals gelegt. […]. In den Schlusssatz der ,Führerworte’ hatte ich den ,Uralten Ruff von Christo’ aufgenommen, […]. Die Partei nahm Anstoss an meiner Wortauswahl: ich hätte Christus hineingebracht. D a s aber gerade wollte ich ja. Denn ich glaube heute wie damals, dass allein diese Hinwendung den Hass, der alle Menschen erniedrigt, sie stehen hier oder dort, überwinden kann.“ (Gottfried Müller: Brief an Fred Prieberg vom 28.6.1984, Seite 3.)

„Sie (die ,Führerworte‘) sind keine Verherrlichung Hitlers – sie streifen nicht einmal die typische Ideologie des NS, sondern sie reden von Glaube, Liebe, Mut, Respekt vor den Toten und sind ein Bekenntnis zu Gott […].“ (Gottfried Müller: Brief an Gottfried von Einem vom 24.4.1959, Seite 1.)

„[…] ich hatte Freunde genug, die sich von Hitler abgekehrt hatten, die aber respektierten, welchen Sinn dieses Werk hatte und das eben mit der Auswahl der Worte an Kräfte appellierte, die eine Basis sein konnten gegen das Chaos des Hasses und der Hoffnungslosigkeit.“ 
(Gottfried Müller: Brief an Wolfgang Burbach vom 28.6.1970, Seite 1.)

Der österreichische Komponist Gottfried von Einem, postum im Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern ausgezeichnet, war bei der Uraufführung in der Dresdner Staatsoper dabei: 
„Die Schlußnummer des Werkes, ein ,Amen’, ja selbst die Texte der anderen Teile lassen durch ihre Auswahl einen echten, ernsten Künstler erkennen.“ 
(Gottfried von Einem: Brief an Wolfgang Burbach vom 3.7.1970, Seite 2.)
​
Und noch 1996 schreibt von Einem:
„Er (Gottfried Müller) war ein großartiger Musiker. Die Hetze gegen ihn wegen der ,Führer-Worte’ wird nie abreissen, so lange es Hasser gibt. Ich kann mich gut an die Aufführung an der Dresdner Staatsoper unter Elmendorff erinnern – diese Kantate ist ein ausgezeichnetes Stück!“ 
​
(Gottfried von Einem: Brief an Brigitte Müller vom 17.4.1996, Seite 1.)

1944 wurde Gottfried Müller schließlich als jüngster unter 16 Komponisten in die Gottbegnadeten-Liste aufgenommen. Seine Freistellung im Krieg hatten Karl Straube und Wilhelm Furtwängler er-wirkt.

Nach Kriegsende lebte er zunächst zurückgezogen im Pfarrhaus seines Bruders Christoph in 
​Glaubitz bei Riesa und betreute die dortige Kirchenmusik. Müllers ablehnende Haltung zum Nationalsozialismus wird in einem Brief (wahrscheinlich an Professor Rudolf Volkmann) deutlich:
„Ich erleide unter dem Alp unseres Zusammenbruches immer wieder seltsame Erschütterungen
(die schweflige Dämonie Hitlers vergiftet auf schaurige Weise den Umkreis unseres Diesseits u.
​Jenseits), […].“ 
(Gottfried Müller: Brief vom 7.7.1945, Seite 3.)

In Riesa lernte er auch seine spätere Frau Brigitte, geborene Bobe, kennen, die er 1947 heiratete. Aufgrund tragischer Umstände sollte die Ehe der beiden kinderlos bleiben. In Glaubitz komponierte Müller die Motette „Non moriar sed vivam“, die Günther Arndt 1951 beim evangelischen Kirchentag in Berlin uraufführte. Aber auch die Entstehungsgeschichte von Werken wie etwa der Solosonate für Oboe, 1957 in Philadelphia/USA uraufgeführt, der „Musik für Streicher und Pauken“, 1958 von Heinrich Hollreiser in Wien uraufgeführt, der Orgelpartiten „Nun komm, der Heiden Heiland“ und „Komm Schöpfer, heiliger Geist“ von Fritz Heitmann 1952 im Berliner Dom aus der Taufe gehoben, fällt in diese Zeit.

Ab 1952 versah Müller ein kirchenmusikalisches Amt in Berlin-Hermsdorf. Hier brachte ihm die Freundschaft von Günther Arndt, Hans Joachim Moser und Hermann Böttcher viel schöpferischen Gewinn. Es entstanden u.a. das „Capriccio“ für großes Orchester (1962 von Heinrich Hollreiser in Mannheim uraufgeführt) und die Kantate „Von den Plagen und vom Licht“ nach Texten Pindars und der Bibel für Soli, Chor und Orchester.

Von 1961 bis 1979 wirkte Gottfried Müller schließlich als Dozent für Musiktheorie am Meistersinger-Konservatorium in Nürnberg. Nun komponierte er u.a. seine „Dürersymphonie“, 1967 in Nürnberg von Heinrich Hollreiser uraufgeführt, eine Messe, Solistenkonzerte und eine beträchtliche Anzahl an Kammermusik- und Orgelwerken. Als außerordentlich fruchtbar erwies sich die Beziehung zu Karl-Friedrich Beringer, Leiter des Windsbacher Knabenchores von 1978 bis 2011. Für ihn und seine „Windsbacher“ schuf er zahlreiche a cappella Chormotetten, die Beringer über viele Jahre hinweg kongenial im In- und Ausland aufführte (darunter auch Japan und Südamerika).

Doch in all den Nachkriegsjahren sollte Gottfried Müller auch immer wieder von den „Führerworten“ eingeholt werden. Bereits zugesagte Aufführungen oder Uraufführungen wurden kommentarlos abgesetzt und sogar der Versuch wurde unternommen, ein „Gedenkkonzert zum 90. Geburtstag“ in Nürnberg zu verhindern. Vorwürfe Minnegard Elmendorffs, die diese nach dem Krieg hinsichtlich der Begleitumstände zur Uraufführung der „Führerworte“ gegenüber Müller erhoben hatte „Er (Müller) verfaßte […] ein offizielles Schreiben an das damalige Propagandaministerium, in dem er meinen Mann und mich […] staatsfeindlicher Äußerungen bezichtigte […].“ (Fred Prieberg – Musik im NS-Staat, Seite 239 und 240.) taten ein Übriges, um ihn noch mehr zu diskreditieren.
Wolfgang Burbach, Gründer und Geschäftsführer der Brüder-Busch-Gesellschaft, sah sich gar gedrängt, Müller nahezulegen, seine Mitgliedschaft in der Brüder-Busch-Gesellschaft zu kündigen:
„Geradezu erschüttert hat mich aber die Rolle, die Sie offensichtlich im Fall Karl Elmendorff gespielt haben. Es steht mir nicht an, darüber zu urteilen, aber ich kann die Verbindung zu Ihnen nicht aufrecht-erhalten. Es ist auch damit zu rechnen, daß der Antrag gestellt wird, Sie aus der Brüder-Busch-Gesell-schaft auszuschließen. Um zu verhindern, daß die schmutzige Wäsche vor der Mitgliederversammlung gewaschen werden muß, empfehle ich Ihnen sehr, Ihre Mitgliedschaft zu kündigen.“ 
​
(Wolfgang Burbach: Brief an Gottfried Müller vom 15.6.1970, Seite 1.) 
Das veranlasste nun Gottfried von Einem, der um die damaligen Umstände wusste, zu einer Stellungnahme:
„Ich kenne Herrn Müller seit fast 30 Jahren, bin mit ihm befreundet, kannte GMD. Elmendorff seit 1934 und habe die Entstehung und Uraufführung von Müllers Chorwerk ,Führerworte’ in der Dresdner Staatsoper miterlebt. […] Sind Sie (Wolfgang Burbach) unverwirr- und unfehlbar, dass Sie sich für berechtigt halten, die Umdüsterung des jungen Müller, der niemanden etwas zuleide tat, auch Herrn Elmendorff nicht, diffamierend ausnützen zu dürfen? Ich wurde im Jahr 1938 in Berlin von der Gestapo verhaftet. […]. Ich gab und gebe Müller trotzdem die Hand, weil ich ihn achte und zu würdigen weiß. Ob Frau Busch (Grete Busch, Witwe Fritz Buschs) mit Ihrem Ansinnen an Herrn Müller einverstanden ist
und mit Ihrer bedauerlichen Haltung, wage ich zu bezweifeln.“ 
​
(Gottfried von Einem: Brief an Wolfgang Burbach vom 3.7.1970, Seite 1 und 2.)
Gottfried Müller war entsetzt „Ich liebe Fritz Busch zu sehr und er bedeutet für mein Leben so viel, dass mich die Ächtung des Kreises, der sein Andenken in so schöner Weise pflegt, tiefer treffen würde, als Sie vielleicht ahnen.“ (Gottfried Müller: Brief an Wolfgang Burbach vom 28.6.1970, Seite 1.) und reagierte nun ebenfalls auf die Anschuldigungen Minnegard Elmendorffs. Er konnte sie allesamt widerlegen und nach gründlichen Recherchen kam Burbach wenige Monate später zu dem Ergebnis:
„Ich habe Ihnen (Gottfried Müller) immer noch für Ihre beiden Briefe vom 24. und 29. September zu danken. Bevor ich sie zu den Akten nehme, möchte ich Ihnen versichern, daß mich Ihre Ausführungen davon überzeugt haben, daß Ihnen in der Angelegenheit Elmendorff Unrecht geschehen ist und sicher auch noch weiter geschehen wird. Sie dürfen versichert sein, daß ich alles in meiner Macht stehende tun werde, um zu Ihrer Rehabilitierung beizutragen.“ 
​
(Wolfgang Burbach: Brief an Gottfried Müller vom 19.11.1970, Seite 1.)

Eine echte Rehabilitierung hat bis heute nicht stattgefunden; im Gegenteil, Minnegard Elmendorffs Unterstellungen wurden und werden Müller auch weiterhin ungeprüft angelastet und so setzt sich das Unrecht, das ihm in dieser Angelegenheit widerfahren ist, immer noch fort.

Gottfried Müller starb am 3. Mai 1993 in Nürnberg. Seine letzte Komposition war die Motette 
„O Licht, geboren aus dem Lichte“. Als Psalmenkomponist trat er mit einem Werk für sechsstimmigen Chor und großes Orchester in die Welt der Musik, mit einer stillen, vierstimmigen a cappella Motette hat er sie wieder verlassen. Seinen wechselnden Lebensweg beschreibt der Pindartext:
„Doch nichts will ich beklagen, denn mit allen werd’ ich es leiden“.


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